Die Energiewende führt zu einem steigenden Zubau erneuerbarer Energieerzeugungsanlagen im Verteilungsnetz. Ebenso ist mit einem verstärkten Zuwachs der Elektromobilität zu rechnen, der zu einer weiteren Ausreizung der zulässigen Spannungsbereiche und Leitungsauslastungen beitragen kann. Um die Aufnahmefähigkeit des Verteilungsnetzes zu erhöhen, wurden in der Vergangenheit verschiedene Lösungen entwickelt und etabliert. Ein zusätzlicher Baustein zur Behebung von Netzengpässen und Spannungsproblemen sind zeitliche Verlagerungen von Einspeisungen und Verbrauchslasten in der Mittelspannungsebene (MS-Ebene).
Diese sogenannten Flexibilitätsmaßnahmen sind derzeit noch nicht Stand der Technik. Um einen hohen Nutzen stiften zu können, indem sie zu einer effizienten Einsparung an Asset beitragen, müssen sie in der Netzplanung abbildbar gemacht werden. Das übergeordnete Ziel der Dissertation ist deshalb die Beschreibung von wesentlichen Merkmalen der netzbetreiberseitigen Anforderungen an die Flexibilität in der MS-Ebene. Hierzu sollen sowohl leistungs- als auch zeit- und ortsabhängige Einflussfaktoren untersucht werden. Eine möglichst detaillierte Beschreibung kann einen höheren netzseitigen Nutzen generieren, aber gleichzeitig das anbieterseitige Potenzial einschränken – dieser Zielkonflikt ist für die Entwicklung eines allgemeingültigen Verfahrens zur technischen Flexibilitätsbewertung zu lösen. Aus Sicht der Netzplanung ist zudem entscheidend, mit welcher Zuverlässigkeit die einzelnen Leistungs-Zeit-Angebote der Flexibilität die Spannungs- und Stromgrenzwertverletzungen beheben. Ein hohes Angebot an Flexibilitätsoptionen kann hierbei einen größeren Mehrwert liefern als die arithmetische Summe der Einzelmaßnahmen. Dies kann mithilfe wahrscheinlichkeitstheoretischer Ansätze ausgewertet werden, wobei auch mögliche Kombinationen des Flexibilitätseinsatzes mit anderen Maßnahmen (z. B. Last-/Einspeisemanagement) zur Ableitung von Anforderungen an die an Flexibilitätseinsätze zu stellende Verfügbarkeit zu betrachten sind. Es ist zu erwarten, dass eine derartige Rückfallebene bei unzuverlässiger Bereitstellung (Ausfall) einer Flexibilität aus technischer Sicht zwar ohnehin notwendig ist, aber wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt.
Das Promotionsvorhaben wird über das SINTEG-Projekt "C/sells – Das Energiesystem der Zukunft im Sonnenbogen Süddeutschlands" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie über das FNR-Projekt „OPTIBIOSY – Untersuchung der Potenziale und Entwicklung eines Optimierungsmodells für Biogasanlagen im Kontext des zukünftigen Stromsystems“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft finanziert